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Polen: Die Umsatzsteuer-Revolution kommt

Gegenwärtig gibt es zwei „heiße Themen“, die sich auf das gesamte Umsatzsteuersystem der EU auswirken: die Quick Fixes (die ab Januar 2020 gelten) und die unendliche Geschichte um den Brexit 😊. Aber auch auf der Ebene der Mitgliedsstaaten sind zahlreiche Veränderungen im Gange.

Vorreiter bei der Einführung neuer Vorgaben zur Umsatzsteuer scheint Polen zu sein. Ein Beispiel ist die obligatorische Aufteilung von Zahlungen, die im November 2019 in Kraft tritt. Die eigentliche Revolution in der Berichterstattung zur Umsatzsteuer wird jedoch im April 2020 Premiere haben. Polen wird das erste Land sein, in dem keine standardisierten Formulare zur Erklärung der Umsatzsteuer mehr Verwendung finden. Die geänderte SAF-T-Datei zum Umsatzsteuer-Nachweis, die JPK_VAT, wird die derzeitigen Umsatzsteuererklärungen ersetzen.

 

Juli 2016: Die SAF-T-Ära beginnt

In der Urlaubssaison 2016 hatten die Umsatzsteuerpflichtigen in Polen viel zu tun. Durch die Aufnahme von Artikel 193a in das Steuerverordnungsgesetz (Ordynacja Podatkowa) im Juli 2016 mussten sich die größten Unternehmen (einschließlich ausländischer Unternehmen, die in Polen für Umsatzsteuerzwecke registriert sind) auf die SAF-T-Berichterstattung vorbereiten. Jednolity Plik Kontrolny (JPK), so die polnische Bezeichnung für das SAF-T, enthält fünf verschiedene Systeme, die unterschiedliche Geschäfts-/Steuerbereiche abdecken:

  • Hauptbuch (Księgi Rachunkowe – JPK_KR) – Daten betreffend die Geschäftsbücher der Steuerpflichtigen;
  • Lager (Magazyn – JPK_MAG) – Informationen zu praktisch allen Lagerbewegungen des Unternehmens;
  • Kontoauszug (Wyciąg bankowy – JPK_WB) – Daten über ein- und ausgehende Zahlungen auf und von Bankkonten des Steuerpflichtigen;
  • Umsatzsteuerrechnung (Faktury VAT – JPK_FA) – detaillierte Angaben zu den Verkaufsrechnungen des Unternehmens;
  • Umsatzsteuernachweis (Ewidencja zakupu i sprzedaży VAT – JPK_VAT) – Umsatzsteuerregister des Steuerzahlers für Kauf und Verkauf.

Zwei zusätzliche Regelungen betreffen kleinere Unternehmen, die keine Geschäftsbücher führen.

Auf Anforderung sind den Steuerbehörden vier Systeme zu melden. Spezifisch für Polen ist jedoch die obligatorische monatliche Meldung von Umsatzsteuernachweisen oder JPK_VAT.

 

Fast 2 Millionen JPK_VAT-Dateien pro Monat

Die Mehrheit der Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer in Polen zielt auf die Reduzierung von Umsatzsteuerbetrug ab. Offenbar wird die Umsatzsteuerlücke in Polen von Jahr zu Jahr kleiner. Jüngste EU-Daten schätzen, dass die Umsatzsteuerlücke im Jahr 2018 9,5 % betrug. 2017 und 2016 lagen die Werte bei 14 % bzw. 20 %. Eine der wesentlichen Säulen, auf die sich die Maßnahmen zur Verhinderung von Umsatzsteuerbetrug stützen, ist die monatlich gemeldete JPK_VAT.

Laut Statistik des polnischen Finanzministeriums werden monatlich 1,9 Millionen JPK_VAT-Dateien bei den Steuerbehörden eingereicht. Zwischen 2018 und Mitte 2019 wurden 1,7 Millionen Unstimmigkeiten bei den Steuererklärungen festgestellt. Das Ergebnis war eine Erhöhung der Einnahmen aus der Umsatzsteuer um 2,3 Mrd. PLN (ca. 500 Mio. Euro).

 

Keine Umsatzsteuermeldungen mehr

Die Daten in der Umsatzsteuererklärung und JPK_VAT ähneln sich ziemlich stark. Die Summen der JPK_VAT-Transaktionsdatensätze müssen den aggregierten Werten entsprechen, die in den Umsatzsteuererklärungen angegeben sind. Die Diskussionen über die Abschaffung der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen haben lange angedauert. Der Termin für das Inkrafttreten wurde mehrfach verschoben. Ursprünglich war die gemeinsame Version von JPK_VAT und Umsatzsteuererklärungen für Januar 2019 geplant. Dann wurde sie auf Juli 2019 und dann auf Januar 2020 verschoben. Schließlich gilt die neue JPK_VAT ab April 2020 für große Unternehmen und ab Juli 2020 für andere.

 

JPK_VAT mit Umsatzsteuererklärung

Zu Beginn wurde erwartet, dass die neue JPK_VAT JPK_VDEK heißen wird. Die amtliche Bezeichnung lautet jedoch JPK VAT mit Umsatzsteuererklärung (JPK_VAT z deklaracją). Es wurden zwei Versionen der XSD-Schemata veröffentlicht:

  • JPK_V7M – gilt für Steuerpflichtige, die die Umsatzsteuer auf monatlichen Basis Dieses Schema ersetzt das Formular VAT-7 zur Umsatzsteuererklärung;
  • JPK_V7K – gilt für Steuerpflichtige, die die Umsatzsteuer auf Quartalsbasis Dieses Schema ersetzt das Formular VAT-7K zur Umsatzsteuererklärung;

Desgleichen müssen nach dem derzeitigen Stand selbst Steuerpflichtige, die ihre Umsatzsteuer quartalsweise abrechnen, die JPK_VAT monatlich übermitteln. Die monatliche Meldung bezieht sich jedoch nur auf den Transaktionsteil der JPK_VAT. Felder im Zusammenhang mit dem Erklärungsteil werden weiterhin quartalsweise gemeldet.

Anzumerken ist, dass JPK_V7M/K nur die Formulare VAT-7 und VAT-7K ersetzen wird. Andere Umsatzsteuerformulare, wie z. B. die Zusammenfassende Meldung (sogenannte ECSL, VAT-UE), werden weiterhin verwendet.

 

Einzelheiten zur JPK_V7M/K

Das geänderte JPK_VAT enthält zwei Hauptabschnitte:

  • Deklaracja (Erklärung) mit Angaben, die derzeit in den Erklärungsformularen VAT-7 oder VAT-7K gemeldet werden;
  • SprzedazWiersz und ZakupWiersz enthalten Angaben zu den Verkaufs- und Kauftransaktionen der Steuerpflichtigen. Die Daten ähneln den derzeit in JPK_VAT gemeldeten.

Die Hauptlogik besteht darin, dass die Summe der Transaktionsdatensätze von SprzedazWiersz und ZakupWiersz den entsprechenden Feldern in der Sektion Deklaracja entsprechen muss. Beispielsweise müssen im Feld K_22 (SprzedazWiersz) Warenexporte gemeldet werden. Im Feld P_22 (Deklaracja) muss die Summe der Werte von K_22 angegeben werden.

Einige interessante Vorgaben für beide Sektionen sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben.

 

Erklärung

Die Umsatzsteuererklärung enthält nicht nur Transaktionssummen. In erster Linie müssen für einen bestimmten Zeitraum Daten über die Umsatzsteuerabrechnungen der Steuerpflichtigen berechnet werden. Derzeit werden sie in Abschnitt E von VAT-7 angegeben. Die entsprechenden Felder finden sich auch in JPK_V7M/K wieder. Zum Beispiel stellt P_51 den Wert der an das Finanzamt zu zahlenden Umsatzsteuerschuld dar, P_62 – der sogenannte Saldovortrag (Überschuss der Eingangsumsatzsteuer gegenüber der Ausgangsumsatzsteuer) – der auf die nächste Periode vorgetragen werden soll. Das neue Feature wird z.B. durch die Felder P_59 bis P_61 abgebildet. Sie beziehen sich auf die Möglichkeit, die Umsatzsteuerrückerstattung auf zukünftige Steuerverbindlichkeiten zu „übertragen“.

Darüber hinaus hat das Finanzministerium beschlossen, die Zahl der zusätzlichen Anträge, die derzeit in bestimmten Fällen zu stellen sind, zu reduzieren. Zum Beispiel müssen Steuerpflichtige, die eine Umsatzsteuerrückerstattung innerhalb von 25 Tagen erhalten möchten, nicht länger einen zusätzlichen Antrag bei den Steuerbehörden stellen. Es reicht aus, bestimmte Felder in JPK_V7M/K anzukreuzen.

 

Der analytische Teil – SprzedazWiersz und ZakupWiersz

Im Vergleich zur aktuellen JPK_MESZ werden im Transaktionsteil der JPK-Datei – der SprzedazWiersz (dem Verkaufsteil) und der ZakupWiersz (dem Kaufteil) – deutlich gravierendere Änderungen eingeführt. Nachfolgend werden ausgewählte neue Elemente vorgestellt.

 

Und da ist die „weiße Liste“

Die Änderungen an JPK_VAT sind nicht die einzigen Änderungen, auf die sich die polnischen Steuerpflichtigen einstellen müssen. Im September 2019 wurde vom polnischen Finanzministerium die sogenannte „Weiße Liste“ (biała lista) der Steuerpflichtigen veröffentlicht. Die weiße Liste ist eine elektronische Datenbank, die Informationen über Steuerpflichtige enthält, z. B. ob eine bestimmte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gültig ist. Die in der weißen Liste aufgeführten Bankverbindungen der Steuerpflichtigen scheinen jedoch die sensibelsten Daten zu sein.

Wenn ein Kunde eine Zahlung an einen Verkäufer für mehr als 15.000 polnische Zloty leistet, muss er diese Zahlung auf exakt das Konto/die Konten vornehmen, das/die einem bestimmten Verkäufer zugeordnet ist/sind und das/die in der weißen Liste aufgeführt ist/sind. Bei Nichtbeachtung gelten ab Januar 2020 schwerwiegende Konsequenzen, sowohl bei der Einkommens- als auch bei der Umsatzsteuerbesteuerung. Kunden, die eine Zahlung auf das Konto eines Verkäufers tätigen, das nicht in der weißen Liste aufgeführt ist, können Beträge, die 15.000 polnische Zloty übersteigen, nicht in die abzugsfähigen Kosten einbeziehen. Hinsichtlich der Umsatzsteuer haften die Kunden gemeinsam und gemeinschaftlich für die Umsatzsteuerschuld des Verkäufers.

Obwohl bis Januar 2020 nur noch zwei Monate verbleiben, gibt es noch viele Fragen zur weißen Liste. Vor einiger Zeit hat das Finanzministerium die so genannte API veröffentlicht, mit der die weiße Liste z. B. direkt aus dem ERP-System abgefragt werden kann. Nach den neuesten Informationen scheint es jedoch so zu sein, dass die dedizierte API im Januar 2020 deaktiviert wird.

Glücklicherweise gibt es eine zweite (die einzige?) Option (ich denke, diese muss noch bestätigt zu werden), die eine Massenverifizierung der Daten in der weißen Liste erlaubt. Vor einigen Tagen veröffentlichte das Finanzministerium eine Spezifikation des sogenannten „Flat Files“. Das Flat File, das täglich aktualisiert wird, enthält verschlüsselte Daten über Bankverbindungen, die bestimmten Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (oder NIP nach dem polnischen Akronym) zugeordnet sind. Das Flat File ermöglicht somit lediglich die Überprüfung, ob bestimmte Paare von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und Kontonummern in der weißen Liste vorhanden sind. Es ist beispielsweise nicht möglich, Bankverbindungen anhand von Firmennamen nachzuschlagen.

In Anbetracht des in JPK_V7M/K geforderten Maßes an Detailtiefe und der schwerwiegenden potenziellen Konsequenzen, die sich aus der Nichtbeachtung der weißen Liste ergeben, empfiehlt es sich, so bald wie möglich mit den Vorbereitungen für die neuen Vorgaben zu beginnen.

 

SNI bietet Ihnen vollständig SAP-basierte Lösungen sowohl für das neue JPK_V7M/K als auch für die weiße Liste.

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